Einbringung der Haushaltsanträge
FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Annette Trabold
– es gilt das gesprochene Wort –


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeister meine Herren und Damen,

wir Stadträtinnen und Stadträte sehen und spüren es seit einigen Haushalten regelmäßig: die Stadt Heidelberg befasst sich schon seit einigen Jahren mit neuen Steuerungsmöglichkeiten, Produkten und Kennzahlen. Nun sind die Stadträtinnen und Stadträte nun zum zweiten Mal mit dem neuen Haushalt, mit der kommunalen Doppik konfrontiert. Doch der Prozess ist lange noch nicht angeschlossen – noch immer verändern sich Strukturen und Darstellungsweisen – und da wir zu den Kommunen gehören, die vor dem Haushaltsjahr 2016 das neue Rechnungswesen einführen, wurden "insbesondere hinsichtlich des Haushaltsausgleichs Übergangsregelungen formuliert" wie wir dem Finanzplan von 2008 bis 2013 auf Seite 82 entnehmen können. Jedenfalls erschwert die sich ständig wandelnde Darstellung die Vergleichbarkeit mit den Vorjahren – das wurde besonders bei diesem Haushalt in unserer Haushaltsklausur auch moniert.

Wir möchten daher anregen, dass in künftigen Haushalten die neuen Ziele und Maßnahmen kursiv geschrieben werden, damit man erkennen kann, was sich vom vergangenen Doppelhaushalt unterscheidet. Außerdem möchten wir anregen, dass immer auch die Vergleichszahlen aus dem vorhergegangenen Doppelhaushalt mit abgedruckt und nicht erst auf Anfrage nachgereicht werden.

Dass die neue Darstellungsform abhängig von den Darstellungsmöglichkeiten von SAP-Programmen ist und manches aus Programmgründen schlichtweg nicht geht, zeigt ebenso, von welchen gar nicht rational begründbaren Faktoren wir Stadträtinnen und -räte heutzutage abhängig sind. Das haben wir dann auch erlebt, als wir brav versuchten, die einzelnen Felder der Haushaltsantragsbögen für unsere Anträge auszufüllen.

Wir kämpfen uns also wiederum tapfer durch die eng beschriebenen Papierberge des Haushalts, nehmen mit leichtem Schmunzeln zur Kenntnis, dass auch 2009 und 2010 unter der Rubrik Leistungen (!!) und Kennzahlen 9.400 Strafdelikte pro 100.000 Einwohner im Plan (!) stehen (TH 15,13) oder 2009 und 2010 jeweils 4.400 Menschen geboren werden und 880 heiraten werden. Mein Lieblingsprojekt in diesem Haushalt ist aber eindeutig die "Biberroutenbeschilderung, Amt 66,10".

Letztendlich wird gerne auch im Rahmen dieser Haushaltsberatungen wieder optimiert. Alles dient der "Optimierung" – als wir das Raumprogramm des Theaters "optimierten", da wollten wir den Betrag von 49 Mio. deutlich in Richtung 35 Mio. verringern – und landeten dann bei 52 Mio. Tja...Optimieren macht‘s möglich.

Wir möchten uns an dieser Stelle ganz ausdrücklich für die stete Hilfsbereitschaft und angenehm sachliche Art unseres Kämmerers und seines Teams bedanken!!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Im Haushaltsplanentwurf 2009/2010 sind zahlreiche wichtige und notwendige Investitionen vorgesehen, die wir ausdrücklich begrüßen.

Vorrangig möchte ich da die Schulsanierungen nennen:
Wir haben 2009 und 2010 jeweils 15 Millionen Euro für Sanierungen vorgesehen – in der Zeit von 1999 bis 2008 waren es durchschnittlich 8 Millionen pro Jahr und von 1991 bis 1998 jeweils 5,3 Millionen pro Jahr – also sind die Investitionen jährlich nun doppelt so hoch wie in den letzten 10 Jahren. Das ist hervorragend – dennoch veranlassen uns zahlreiche kritische Äußerungen von Eltern, Lehrern immer wieder auch zu Zweifeln, ob nun diese Prioritätenlisten auch tatsächlich abgesprochen sind und ob nicht doch die eine oder andere Toilettenanlage vorzuziehen sei. Wie kann man hier den Kommunikationsfluss verbessern?

Wie kann man Sanierungen beschleunigen? Die FDP hält es für problematisch, wenn aus Schulsanierungen ein politischer Wettbewerb wird – ich glaube diese liegen allen gleichermaßen am Herzen – und zwar rein nach der Frage der Priorität.

Auch die Theatersanierung (war ja heute schon ein Thema), Konferenzzentrum, der Ausbau der Kleinkindbetreuung im Rahmen der Familienoffensive, der neue und wichtige Schwerpunkt Migration (können Sie sich noch daran erinnern, welche Probleme die erste Ausländerbeauftrage Deutschlands 1981, die FDP-Politikern Lieselotte Funke hatte, sich beim Thema Integration Gehör zu verschaffen, wissen Sie noch wie wir auch 10 Jahre später ab 1991 im Ausländerrat in Heidelberg auch noch immer um alles kämpfen musste – da sind wir heute mit einem eigenen Dezernat schon ein großes Stück weiter), das neue Querschnittsamt, Verkehrsmanagement und die Wirtschaftsförderung als Chefsache, die Innenstadt- und Einzelhandelsentwicklung und die Bahnstadtentwicklung sind wichtige Akzente, die auch in diesem Doppelhaushalt gesetzt und weiterverfolgt werden.

Nun sollen diese und andere Dinge angepackt und zur Finanzierung dieser Maßnahmen soll nach der vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung die Verschuldung der Stadt Heidelberg von 151 Mio. Euro im Jahr 2009 auf 193 Mio. Euro 2011 auf 260 Mio. Euro 2013 steigen.

Die Schuldenstand entwickelt sich nach dem Finanzplan besser als im letzten Doppelhaushalt prognostiziert: da waren wir bei fast 257 Mio. Euro im Jahr 2011.

Aber, möchte ich da sagen und den Kämmerer zitieren aus seiner Rede vom 16.10. 08 Seite 7:

"Auch in Deutschland werden sich die Folgen der weltweiten Finanzkrise bemerkbar machen. Die bisherigen Wachstumsprognosen für 2009 wurden nach dem aktuellen Herbstgutachten auf rund 0,2 % verringert. Welche Verpflichtungen bzw. finanziellen Beschränkungen hieraus auf die Kommunen noch zukommen werden, bleibt abzuwarten. Unter diesem Gesamtvorbehalt ist die Planung für die kommenden Jahre zu sehen."

Meine Kollegin Margret Hommelhoff und mein Kollege Kay Breer beurteilen das anders daher Achtung: meine persönliche Meinung:

Ich sehe angesichts der Finanzlage der Finanzierung eines Neckarufertunnels noch skeptischer entgegen. Wir werden die Einbrüche in der Kommune noch zu spüren bekommen.
Warten wir es ab.

Nun zu den Anträgen:

Bezugnehmend auf das gerade eben ausgeführte möchten wir den Etat der Wirtschaftsförderung um 50.000 Euro erhöhen, damit die Rezession vor Ort besser aufgefangen werden kann (HD Unternehmen, Tourismus, Abzug Amerikaner etc.)

Außerdem haben wir – gemäß den liberalen Leitlinien der Pluralität und der Subsidiarität – in dem kleinen Bereich der Zuschüsse einige Anträge, die aber große Wirkungen für unser Gemeinwohl erzielen. Trotz der Millionen Beträge über die wir hier in letzter Zeit so viel diskutierten, sollten wir auch die Anliegen derjenigen Ernst nehmen, deren Arbeit an Tausender-Beträgen hängt.

Im Bereich Kultur
wollen wir das Zimmertheater (plus 30.000),das Klangforum (plus 15.000), die Literaturtage (plus10.000), die Sammlung Prinzhorn (neu 20.000), das Jubiläum des Posaunenchors Wieblingen (plus10.00) die Gedok (plus 1720) und die Volkshochschule (Personalkostenausgleich (34.000) mit Anträgen unterstützen. Wir denken, dass eine Erhöhung des Filmfestivals um 15.000 (statt 30.000) ausreichend ist und denken außerdem, dass wir nicht mit 50.000 Euro in ein Fotofestival MA, LU, HD einsteigen sollten, das gar nicht aus HD gewachsen ist.

Wir sollten in der Kultur unsere Stärken stärken samt Festivals (HD Frühling, Schlossfestspiele, Enjoy Jazz, ArtOrt Tanz International, Literaturtage) und mit diesen hervorragenden Festivals können wir selbstbewusst in der Metropolregion bestehen!! Nicht umgekehrt.

Im Bereich Prävention
wollen wir die Zuschüsse jeweils um 10.000 Euro für das Mädchenhaus und Jedermann e.V. für die hervorragende Arbeit an den Schulen erhöhen und bei den Frauenprojekten die Zuschüsse für die Kinderbetreuung im Frauenhaus und bei der Beratungsstelle Courage in der Nachbetreuung um 6000 bzw. 5000 Euro anheben. Außerdem soll die Ehe-Familien -und Lebensberatung im internationalen Frauenzentrum um eine halbe Stelle angehoben werden.

Bei den Seniorenzentren wollen wir als Maßnahme verankern, dass bis zur Vorlage der Evaluation der Zentren und zur Umsetzung von Maßnahmen, keine Stellen wegfallen (z.B. wie im Seniorenzentrum Ziegelhausen vorgesehen)

Es werden auch noch zwei Anträge für die Jugendagentur folgen, in Höhe von 3.500 Euro für ein Jugendaustauschprojekt mit der Heidelberger Partnerstadt Simferopol für Hauptschülerinnen und -schüler für ein praktisches Bauprojekt an der Schule 21 in Simferopol und 8000 Euro für die nächste ARTSPACE Veranstaltung 2010 mit ca. 120 Haupt- und Förderschülerinnen und -schülern, ein in unseren Augen hervorragendes Projekt zur kulturellen und persönlichen Bildung von Schülern, die es wirklich brauchen können. Diese beiden Anträge reichen wir noch nach.

Darüber hinaus gibt es noch die eine oder andere Maßnahme, die wir durchaus auch für sinnvoll halten und die wir bestimmt auch bei den anderen Anträgen mit unterstützen werden, die wir nun nicht als Antrag formuliert haben.

Denn wir werden in den nächsten Wochen unsere Anträge ja alle noch untereinander beraten, zum Glück gibt es in der Kommunalpolitik eine politische Offenheit, ganz besonders auch mit einem parteilosen Oberbürgermeister. Es gibt zum Glück auch keine ritualisierten Muster von Regierung und Opposition, die die Bürgerinnen und Bürger auch oftmals abstoßen, wir sollen uns gerade als Kommunalpolitikerinnen und -politiker nicht in ein solches Fahrwasser begeben.

Die FDP-Fraktion ist interessiert an sachorientierten Lösungen im Interesse Heidelbergs und so sehen wir den Beratungen mit Zuversicht entgegen.