Rede zur Haushaltsverabschiedung, 18.12.08
FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Annette Trabold
– es gilt das gesprochene Wort –


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeister
meine Herren und Damen,

Wir möchten uns an dieser Stelle zuallererst ganz ausdrücklich für die stete Hilfsbereitschaft und angenehm sachliche Art unseres Kämmerers und bei seinem Team bedanken!! Gerade angesichts der vielen Änderungsanträge hatte das Team viel "Tüftelarbeit" zu leisten, wenn ich das mal so sagen darf.

Ich möchte an die Kämmerei aus der Einbringungsrede eine Bitte wiederholen:

Wir möchten anregen, dass in künftigen Haushalten die neuen Ziele und Maßnahmen kursiv geschrieben werden, damit man erkennen kann, was sich vom vergangenen Doppelhaushalt unterscheidet. Außerdem möchten wir anregen, dass immer auch die Vergleichszahlen aus dem vorhergegangenen Doppelhaushalt mit abgedruckt und nicht erst auf Anfrage nachgereicht werden.

Können Sie das zusagen?

Die FDP ist der Ansicht:
Im Haushaltsplanentwurf 2009/2010 sind zahlreiche wichtige und notwendige Investitionen vorgesehen, die wir ausdrücklich begrüßen. Deshalb halten wir uns auch mit Anträgen zurück.

Vorrangig möchte ich da die Schulsanierungen nennen:
Wir haben 2009 und 2010 jeweils 15 Millionen Euro für Sanierungen vorgesehen – in der Zeit von 1999 bis 2008 waren es durchschnittlich 8 Millionen pro Jahr und von 1991 bis 1998 jeweils 5,3 Millionen pro Jahr – also sind die Investitionen jährlich nun doppelt so hoch wie in den letzten 10 Jahren. Das ist hervorragend – dennoch veranlassen uns zahlreiche kritische Äußerungen von Eltern, Lehrern immer wieder auch zu Zweifeln, ob nun diese Prioritätenlisten auch tatsächlich abgesprochen sind. Wie kann man hier den Kommunikationsfluss in Zukunft verbessern? Es sollten uns ja Protokolle von Besprechungen zur Verfügung gestellt werden – leider haben wir die bisher nicht bekommen.

Wie kann man also die anstehenden Sanierungen sinnvoll beschleunigen? Die FDP hält es für problematisch, wenn aus Schulsanierungen ein politischer Wettbewerb wird – ich glaube diese liegen allen gleichermaßen am Herzen – und zwar rein nach der Frage der Priorität.

Wir halten allerdings Toilettenanlagen in Schulen für ziemlich prioritär. Es geht ja nicht an, wenn Kinder nicht auf die Toilette gehen, weil es sie ekelt. Wir werden daher als Ausnahme von der städtischen Prioritätenliste den Antrag 108: Sanierung Toiletten Hölderlin und den Antrag 114 zur Sanierung der Toiletten an der Julius Springer Schule unterstützen sowie 88 und 90 zum kommunalen Bildungsbüro.

Auch die Theatersanierung die Erneuerung der Stadthalle als modernes und zum Mannheimer Rosengarten ergänzendes Konferenzzentrum halten wir für sehr wichtig, der Ausbau der Kleinkindbetreuung im Rahmen der Familienoffensive ist notwendig, der neue und wichtige Schwerpunkt Migration als neues Querschnittsamt, Verkehrsmanagement und die Wirtschaftsförderung als Chefsache, die Innenstadt- und Einzelhandelsentwicklung und die Bahnstadtentwicklung sind wichtige Akzente, die auch in diesem Doppelhaushalt gesetzt und weiterverfolgt werden.

Nun sollen diese und andere Dinge angepackt und zur Finanzierung dieser Maßnahmen soll nach der vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung die Verschuldung der Stadt Heidelberg von 151 Mio. Euro im Jahr 2009 auf 193 Mio. Euro 2011 auf 260 Mio. Euro 2013 steigen.

Die Schuldenstand entwickelt sich nach dem Finanzplan besser als im letzten Doppelhaushalt prognostiziert: da waren wir bei fast 257 Mio. Euro im Jahr 2011.

Aber, möchte ich da sagen und den Kämmerer zitieren aus seiner Rede vom 16.10. 08 Seite 7:
"Auch in Deutschland werden sich die Folgen der weltweiten Finanzkrise bemerkbar machen. Die bisherigen Wachstumsprognosen für 2009 wurden nach dem aktuellen Herbstgutachten auf rund 0.2% verringert. Welche Verpflichtungen bzw. finanziellen Beschränkungen hieraus auf die Kommunen noch zukommen werden, bleibt abzuwarten. Unter diesem Gesamtvorbehalt ist die Planung für die kommenden Jahre zu sehen."

Darauf habe ich schon bei der Einbringung der Änderungsanträge am 25.11. hingewiesen – und in den letzten drei Wochen hat die Finanzentwicklung schon gezeigt: auf uns werden schwere finanzielle Zeiten zukommen, wir werden bei unseren großen Investitionen ganz klare Prioritäten setzen müssen.

Wir können nicht alles auf einmal in Angriff nehmen wollen. Manchmal leidet auch die Qualität des Entscheidungsprozesses darunter – aber das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine andere Baustelle – ich meine hier ganz klar zuerst den finanziellen Aspekt.

Die FDP hält es aber trotz oder gerade wegen der finanziell schwierigen Lage angebracht und wir werden das auch tun, die Anträge für ein kostenloses Mittagessen für Kinder, deren Eltern in Einkommensstufe 1 sind (Antrag 96, verlässliche Grundschule) und in Kitas (Antrag 213) zu unterstützen. Daran dürfen wir auf keinen Fall sparen!

Eigentlich wollte ich auch an dieser Stelle nichts mehr zum Tunnel sagen, weil ich dachte, die Positionen seien eigentlich klar. Aufgrund des RNZ-Artikels von heute, 18.12.08., mit dem ich nicht ganz einverstanden bin, was die Position der FDP betrifft, möchte ich aber nochmals darstellen:
  1. Die FDP hat Herrn Lachenauer (damals) und Würzner (aktuell) unterstützt OBWOHL beide den Tunnel im Programm hatten – also Herrn Würzner "aufs Schild gehoben" (RNZ, 18.12.08) OBWOHL er für den Tunnel ist.
  2. Die Meinungen zum Tunnel sind in der FDP aufgrund der finanziellen Auswirkungen des Projektes unterschiedlich:
    Margret Hommelhoff und Karl Breer haben der Bereitstellung von Finanzen für Voruntersuchungen zugestimmt und werden daraus nach Vorliegen der Ergebnisse für die Durchführung des Projekts ihre Schlüsse ziehen.
    Dirk Niebel und ich halten von vorneherein den Tunnel nicht für finanzierbar und aufgrund der heutigen Finanzlage schon gar nicht mehr.
  3. Falls die Anträge zu Streichungen der Voruntersuchungen zulässig sind, würde ich mich in den Hauhaltsberatungen bei all den Anträgen zum Thema enthalten, weil man einen mit großer Mehrheit gefassten Beschluss nicht auf diese Art und Weise wieder unterlaufen kann (demokratische Gepflogenheiten).
Daraus kann man also nicht ableiten, dass "die" FDP für den Tunnel ist.

Nun zu den Anträgen der FDP:

Bezug nehmend auf das gerade eben ausgeführte zur Finanzkrise möchten wir den Etat der Wirtschaftsförderung um 50.000 Euro – Antrag 262 – erhöhen, damit die Rezession vor Ort besser aufgefangen werden kann (HD Unternehmen, Tourismus, Abzug Amerikaner etc.).

Wir würden es sehr begrüßen, wenn sich eine Mehrheit für diesen Antrag gerade angesichts der beschriebenen Entwicklung finden könnte.

Außerdem haben wir – gemäß den liberalen Leitlinien der Pluralität und der Subsidiarität – in dem kleinen Bereich der Zuschüsse einige Anträge, die aber große Wirkungen für unser Gemeinwohl erzielen. Trotz der Millionen Beträge über die wir hier in letzter Zeit so viel diskutierten, sollten wir auch die Anliegen derjenigen ernst nehmen, deren Arbeit an Tausender-Beträgen hängt.

Im Bereich Kultur
sind ja einige unserer Anträge mit großem Konsens aufgenommen worden;
wollen wir das Zimmertheater (plus 30.000), das Klangforum (plus 15.000, werden wohl aber nur 10.000), die Literaturtage (plus10.000), die Sammlung Prinzhorn Antrag 180 , ist vom Text her etwas verrutscht (neu 20.000), das Jubiläum des Posaunenchors Wieblingen, die Gedok (plus 1720) und die Volkshochschule (Personalkostenausgleich 34.000) mit Anträgen unterstützen. Wir denken, dass eine Erhöhung des Filmfestivals um 15.000 (statt 30.000) ausreichend ist. Seit der Haushaltseinbringung neu ist der Antrag 184a, der von der FDP und nicht der FWV gestellt wurde: 10.000 zur Unterstützung der aufwändigen Sanierung der Walcker (mit c)-Kirchenorgel in der Christuskirche, – analog zu unserem Zuschuss für die Orgel in der Jesuitenkirche am 13.11.08.Wir denken außerdem, dass wir nicht mit 50.000 Euro in ein Fotofestival MA, LU, HD einsteigen sollten, das gar nicht aus HD gewachsen ist.

Wir sollten in der Kultur unsere Stärken stärken samt Festivals (HD Frühling, Schlossfestspiele, Enjoy Jazz, ArtOrt Tanz International, Literaturtage) und mit diesen hervorragenden Festivals können wir selbstbewusst in der Metropolregion bestehen!! Nicht umgekehrt. Die Tatsache, dass Thorsten Schmidt aus dem Heidelberger Frühling aufgrund der Finanzsituation vorsorglich das "Heidelberger Atelier" gestrichen hat, zeigt deutlich, was ich meine. Glauben Sie doch nur nicht, dass das Sponsoring in den nächsten beiden Jahren zunehmen wird. Also: die Stärken stärken und darauf besinnen und nicht überall mitmachen wollen!

Im Bereich Prävention
wollen wir die Zuschüsse jeweils um 10.000 Euro für das Mädchenhaus und Jedermann e.V. für die hervorragende Arbeit an den Schulen erhöhen – auch das ist konsensfähig.

Auch die Kinderbetreuung im Frauenhaus und bei der Beratungsstelle Courage in der Nachbetreuung. Außerdem soll die Ehe-Familien -und Lebensberatung im internationalen Frauenzentrum um eine halbe Stelle angehoben werden.

Es ist schon beeindruckend zu sehen, mit welcher Einmütigkeit für diese Projekte Anträge gestellt wurden und wie diese Projekte im Gemeinderat mitgetragen werden. Wenn ich an die Kämpfe vergangener Jahre denke – ja, manche gesellschaftliche Entwicklungen und deren folgende Notwendigkeiten der politischen Reaktionen lassen sich eben nicht leugnen.

Bei den Frauenprojekten ist für mich in diesem Jahr besonders erstaunlich: Seit 15 Jahren ist es das erste Mal, dass niemand über das Frauennachttaxi diskutiert hat!!
Ich kann es kaum fassen.

Und daher hat Herr Erichson heute zur Feier des Tages als zuständiger Dezernent für mich ein ganz besonderes Tuch angelegt: Sehen Sie mal bitte genau hin meine Damen und Herren: heute ist die Krawatte wirklich blaugelb in den Farben.

Ich möchte abschließend noch einige Beispiele für Haushaltsanträge erläutern, die wir ablehnen, obwohl sie sich auf den ersten Blick ganz vernünftig lesen. Das hängt fast meistens mit der Begründung der Verwaltung zusammen, dass bereits Geld eingestellt oder Geld übertragen wurde oder die Maßnahme noch gar nicht geplant ist etc.

Bedauerlich ist hier, dass der Presse die Anträge leider nur OHNE die Erläuterungen der Verwaltung vorliegen. Das erschwert leider die Arbeit der Presse in unseren Augen.

Antrag 29: Umsetzung kommunaler Integrationsplan plus 75.000 – aber in der Erläuterung der Verwaltung wird ausgeführt: im Budget enthalten sind 80.000 für Integration, 30.000 an den Integrationsplan gebunden aber 50.000 noch nicht verplant.

Antrag 74: 275.000 Euro beantragt für Bürgerzentrum Neuenheim aber die Verwaltung schreibt, dass durch den Haushaltsrest aus 2008 bereits 275.000 Euro bereitgestellt sind und eine Planung nicht vorliegt.

Antrag 199: Aidshilfe plus 10.000 Euro – der FDP ist nichts von Problemen bekannt – unterstützen wir nicht, wir gehen davon aus, dass sich die Aidshilfe gemeldet hätte, falls eine Erhöhung nötig wäre.

Antrag 223: Stadtplaner zuätzliche Stellenbeschaffungen: Stadt hat aber bereits 4,5 zusätzliche Stellen im Stellenplan – daher sind weitere Stellen nicht nötig.

Antrag 255: Nutzungskonzept Neckarwiese Erhöhung um 100.000 Euro: Die Verwaltung schreibt: bereits Mittel im HH vorgesehen und dazu noch 406.000 für Sanierung Toilettenanlagen.

Antrag 276: Erhöhung der Mittel für die Grüne Welle um 200.000 Euro. Verwaltung sagt: die Mittel für Signalanlagen wurden von jährlich 300.000 auf insgesamt 2,5 Millionen erhöht und 09/10 sind weitere 1,23 Millionen vorgesehen.

Bei diesen und ähnlich von der Verwaltung kommentierten Anträgen werden wir nicht mitstimmen: ich betone es nochmals: nicht, weil wir die Sache an sich nicht für unterstützenswert halten, sondern weil die Mittel dafür schon ausreichend sind.

Erläutern möchte ich auch kurz, warum wir den Antrag 34 zum Integrationszentrum bzw. interkulturelles Zentrum ablehnen, obwohl doch der FDP Integrationspolitik seit vielen Jahren am Herzen liegt: Wir halten ein Integrationszentrum für einen Widerspruch in sich, das habe ich auch im Ausländerrat gesagt. Wir befürworten dezentrale Integrationsarbeit, erhöhen daher auch Zuschuss Internationales Frauenzentrum, wir wollen kostenlose Mittagessen für Schüler/innen in Grundschule und Kitas für Kinder der ersten Beitragsstufe, davon profitieren bestimmt Familien mit Migrationshintergrund genauso wie von der Unterstützung von. Wir unterstützen Antrag 94 für Sprachförderkurse für Kinder Artspace für Hauptschüler soll durch unsere Anträge ermöglicht werden. Im Karlstorbahnhof gibt es ein "Eine-Welt-Zentrum", wir sehen Sport als hervorragend geeignet zur Integration an, die FDP hat in ihren Wahlprogrammen die Forderung für ein kommunales Wahlrecht für Ausländer nach 5 Jahren festem Aufenthalt verankert etc. alles wichtige dezentrale Maßnahmen zur Integrationsförderung – kurzum: wir sehen Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe an, die durchaus intensiviert werden muss – aber nicht durch ein Zentrum.

Abschließend möchte ich betonen: es wäre in den Augen der FDP ein gutes Zeichen, wenn wir trotz anstehender Kommunalwahlen den Haushalt mit einer großen Mehrheit verabschieden könnten, denn – wie formulierte Winston Churchill so schön:
"Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen."