Haushaltsverabschiedung 3.5.2007
FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Annette Trabold
– es gilt das gesprochene Wort –


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Herren und Damen,

bei der Haushaltseinbringung habe ich bereits ausgeführt, dass wir bei diesem Doppelhaushalt 07/08 vor einigen Schwierigkeiten stehen.
Zunächst sehen wir uns als Stadträtinnen und Stadträte nun mit dem neuen Haushalt, mit der Einführung der kommunalen Doppik konfrontiert. Einiges im neuen Doppelhaushalt war daher schon gewohnt, Neues orientiert sich an der kaufmännischen Darstellung und soll die tatsächlichen Kosten dokumentieren, und bei einigen Dingen fragt man sich wirklich, ob sie der Transparenz und besseren Steuerung dienen oder nicht gar der Regulierungs- bzw. Erfindungswut und Beschäftigungstherapie der Finanzbürokratie.
Tatsache bleibt aber, dass aufgrund sich ständig veränderbarer Kennzahlen, neuer Erfassungs- und Betrachtungsweisen, anderer Grundlagen der Abschreibung etc., die Zahlen im Haushalt nur schwer mit denen der Vorjahre vergleichbar sind. Und uns wurde ja in Aussicht gestellt, dass sich auch künftig die Bemessungsgrundlagen und Kennzahlen weiter wandeln werden. Was wir dann womit vergleichen sollen, bleibt dahin gestellt und wird sich zeigen. Dass aber auch die Grundlagen von Zahlenwerken aus "veränderten Sehweisen" und deren Interpretationen bestehen, finde ich besonders im Jahr der Geisteswissenschaften zwar interessant – aber für die Arbeit auch schwierig. Tröstlich für uns, dass die Kämmerei seitens der übergeordneten Behörden mit ähnlichen Problemen konfrontiert war. Herzlichen Dank an dieser Stelle für Ihre raschen Umsetzungen!

Wesentlich war und ist aber für die FDP-Fraktion, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister:

Im Haushaltsplanentwurf 2007/2008 sind zahlreiche wichtige und notwendige Investitionen vorgesehen, die wir ausdrücklich begrüßen.
So z. B. die Schulsanierungen, die Theatersanierung, neue Baugebiete, der Ausbau der Kleinkindbetreuung, die grüne Welle, eine neue Dezernatsstruktur mit dem wichtigen Schwerpunkt Migration (ich weise seit Jahren auf diesen Punkt bisher vergeblich hin, denn dieses Thema wird langfristig von großer Bedeutung für unsere Gesellschaft sein, die politisch Handelnden sind aber größtenteils viel zu spät aufgewacht ), das neue Querschnittsamt Verkehrsmanagement, die Wirtschaftsförderung als Chefsache, die Verbesserung der Stadteingänge etc. etc. Diese wichtigen Investitionen sind in den letzten Jahren nicht so recht angepackt worden, auch dies war – gerade was unsere Bauleistungen betrifft – ein Grund für die geringe Verschuldung unserer Stadt. Ich kann auch nicht verstehen, in welchem schlechten baulichen Zustand unsere Schulen sind!
Nun sollen diese Dinge angepackt und zur Finanzierung dieser Maßnahmen soll nach der vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung die Verschuldung der Stadt Heidelberg von knapp 140 Mio. Euro im Jahr 2006 auf fast 257 Mio. Euro im Jahr 2011 steigen.
Die Summe ist trotz allem beachtlich und wir hatten zur weiteren Klärung die Stadtverwaltung beauftragt, zu folgenden Fragen Auskunft zu geben :

  1. Welche positiven Effekte aufgrund der investiven Maßnahmen (z.B. Steigerung der Einwohnerzahl, Neuansiedlung von Betrieben, …) hat die Verwaltung für die Zeit bis 2011 in ihren Planungen zu Grunde gelegt?
  2. Welche Maßnahmen sind vorgesehen, damit ab 2012 der Schuldenstand nicht weiter wächst?
    (siehe unseren Antrag)
Wir müssen nun aber feststellen, dass wir mit den Antworten auf unsere zentralen Fragen nicht zufrieden sind. Besonders wenig aussagekräftig ist unseres Erachtens die Antwort auf die Frage
2. Welche Maßnahmen sind vorgesehen, damit ab 2012 der Schuldenstand nicht weiter wächst?
Ich zitiere aus der Antwort: " Für einen Ausgleich des Ergebnishaushaltes und damit zum Erreichen eines ausreichend hohen Zahlungsmittelüberschusses aus laufender Verwaltungstätigkeit gibt es zwei Ansatzpunkte: die Begrenzungen der Aufwendungen und die Steigerung der Erträge."
Na klar, kann man da nur sagen, was denn sonst – aber das Verschuldungsproblem nach 2012 lösen wir so nicht.
Man muss natürlich feststellen: Für alle Beteiligten blieb zur Erstellung des Hauhaltes nicht viel Zeit nach der Oberbürgermeisterwahl, unser neuer Oberbürgermeister wollte und sollte neue Akzente setzen, das finden wir ja auch gut – aber die Schuldenentwicklung müssen wir in den nächsten Finanzausschüssen auch weiter im Auge behalten.
Wir können als FDP nicht im Koalitionsvertrag der CDU/FDP Landesregierung in Ba-Wü ab 2011 eine Netto-Neuverschuldung "Null" vereinbaren und hier uns ab dem Jahr 2012 in Heidelberg keine genaueren Gedanken machen, wie die Schuldenentwicklung zurückgehen soll. Auch die mündlichen Ausführungen der Kämmerei haben uns dazu nicht überzeugt.
Da die Zeit zur Haushaltsvorbereitung aus den besagten Gründen zu knapp war, bleibt das Thema weiter bestehen und ist für die FDP mit dem heutigen Tage nicht zu den Akten gelegt, es bleibt Thema in den künftigen Finanzausschüssen.

Nun nochmals kurz zu unseren weiteren Anträgen, oftmals im kleinen Bereich der Zuschüsse, die aber große Wirkungen für unser Gemeinwohl erzielen.

Im Bereich Kultur
haben wir unseren Antrag für das DAI mit den anderen Fraktionen auf 70.000 erhöht, nachdem auch die CDU nach vielen Jahren nun endlich das Klangforum positiv bewertet (Bravo!!), werden wir hier wohl eine Erhöhung um 20.000 erreichen, und außerdem bitte ich Sie, für einen generationenübergreifenden Infopoint, also einen generationenübergreifenden Lernort in der Stadtbücherei (plus 13.000 bzw. 26.000 ganze Jahr) mitzustimmen und für das Unterwegstheater (plus 38.000) mehr, damit die Künstler bei Auf- und Abbauarbeiten entlastet werden und dies nicht vor und nach den Aufführungen auch noch alles selbst machen müssen. Für das Unterwegstheater beantragen wir auch, dass im Plan des Kulturamts endlich steht:

Unterstützung des Unterwegstheaters bei der Suche nach einer dauerhaften Spielstätte.

Unser neuer Oberbürgermeister hat ja signalisiert, auch diese Sache endlich anpacken zu wollen. Ich baue sehr darauf, sonst erlebt das Ensemble sein 20-jähriges Jubiläum 2008 nicht mehr. Ich betone hier an dieser Stelle nochmals deutlich, Herr Oberbürgermeister, dieses Thema ist der FDP-Fraktion sehr wichtig.
Angesichts der immer gewünschten Qualität sollten wir nicht nur Stars oder Pseudo-Stars, die von außen kommen, zujubeln, sondern auch die kontinuierliche und qualitätsvolle Arbeit dieses eigenen Ensembles anerkennen.
Für die Halle 02 beantragen wir, den Zuschuss von 35.000 Euro nicht zu streichen, sondern den Titel umzubenennen in: "Projekte für junge Menschen in Halle 02, Freigabe der Mittel nach Vorlage eines Konzeptes in den gemeinderätlichen Gremien." Dieser Antrag entspräche dann unseres Erachtens dem Wunsch des Gemeinderats.
Gestatten Sie mir im Bereich Kultur noch eine ganz spezielle Bemerkung: Unsere ehemalige Oberbürgermeisterin hat gegen den massiven Widerstand der CDU den Karlstorbahnhof gebaut und als "ihr" Projekt gelobt. Sie hat ein späteres Wirtschaftsprüfer-Gutachten in Auftrag gegeben, das feststellte, dass der KaBa in der Form unterfinanziert ist. Das Ergebnis hat lediglich mal dazu geführt, dass wir uns im Gemeinderat um 17.000 Euro Zuschusserhöhung bitter gestritten haben, bei denen die Oberbürgermeisterin dann aber nicht mitstimmte. Der von CDU, FWV, HD und FDP unterstützte Oberbürgermeister stellt in diesem und nächsten Jahr jeweils 30.000 Euro für den KaBa mehr ein und hilft in diesem Jahr sogar noch mit 30.000 beim Problemfall Pachtausfall Gastronomie. Den Vorgang finde ich persönlich gerade angesichts der Vorgeschichte bemerkenswert. Und die FDP hofft, dass dieser unideologische Pragmatismus – wie hier im Falle des Karlstorbahnhofs – weiterhin das Handeln unseres neuen Oberbürgermeisters bestimmt.

Im Bereich Soziales und Frauen
wollen wir die AG Soziale Nothilfe mit 14.400 Euro bedacht sehen, die DLRG (plus 10.000) und die Frauenberatungsstelle Courage mit einem institutionellen Zuschuss von 27.000 Euro, auch diese Anträge sind ja im Gemeinderat konsensfähig. Außerdem hoffen wir, dass der gemeinsame Antrag von GAL und FDP Unterstützung findet, die Zuschüsse zur Förderung der Arbeit mit ausländischen Kindern und Jugendlichen um 10.000 Euro zu erhöhen und die Freigabe an Förderrichtlinien durch den Ausländerrat zu binden. Dieser Antrag 106 für das Jahr 2007 ist identisch mit dem Antrag 256, bitte ergänzen Sie hier auch die FDP als Mit-Antragssteller.

Bei den Baumaßnahmen
wollten wir die Anbindung Hertzstraße an B3 streichen, die Maßnahme wurde ja nun in einen gemeinsamen Antrag mit anderen Fraktionen in "Erschließung Gewerbegebiet Rohrbach Süd umbenannt", daher bleibt die Summe im Haushalt. Die "Unterführung Schlierbach" wollen wir hingegen streichen.

An dieser Stelle sei nochmals zur Klarheit – wie in der Einbringungsrede – betont:
Den Neckarufertunnel sieht die FDP wegen der Finanzierbarkeit und der Noch-Nicht-Anmeldung beim Land bisher mit Skepsis, das ist seit dem OB-Wahlkampf von Herrn Lachenauer bekannt. Mag die Vorstellung noch so schön sein. Ich persönlich kann mir in unserer Altstadt auch die Einfahrt und Ausfahrt von der städtebaulichen Gestaltung nicht so ganz vorstellen.
Wir haben uns entschlossen, die von der Verwaltung vorgeschlagenen Planungsraten im Haushalt stehen zu lassen, damit man genau diese uns beschäftigenden Fragen klären kann: Wie teuer würde es, gibt es überhaupt Zuschüsse, wie sähe die Sache planerisch aus.
Diese Ergebnisse sind dann die Grundlagen für unsere weiteren Abwägungen, ob wir zustimmen können oder nicht.
Also laut und deutlich: das Stehenlassen der Planungsraten bedeutet nicht automatisch auch eine Zustimmung zu dem Projekt.

Und nun noch einige Anmerkungen zu unserem Abstimmungsverhalten bei den anderen Anträgen: Wir haben uns bemüht, – soweit wir das zeitlich als ehrenamtlich Tätige konnten – die Anträge der anderen Fraktionen nach sachlicher und auch zeitlicher Notwendigkeit und Machbarkeit zu prüfen.

  1. Wenn da, wie bei Antrag 122 zum "Vorziehen Neubau Sporthalle Willy-Hellpach Schule" von der Verwaltung steht: "Entsprechend der aktuellen Zeit- und Prioritätenplanung halten wir einen ersten Ansatz 2008 für ausreichend", dann finden wir das Argument logisch und stimmen daher nicht mit, dies ist bei einigen Anträgen mit entsprechender ähnlicher Begründung seitens der Verwaltung der Fall.
  2. Wenn wir als FDP-Fraktion von einer Kultureinrichtung (z.B. Musik- und Kunstfreunde) oder einer sozialen Einrichtung (z.B. Bibez) keinerlei Hinweise auf Probleme gehört haben, dann stimmen wir Erhöhungen auch nicht zu, da wir annehmen, dass sie nicht notwendig sind.
  3. Bei einigen Anträgen haben wir uns auch schwer getan, weil wir sie eher als zu diskutierende Tops in gemeinderätlichen Gremien als als Haushaltsanträge gesehen haben.
Abschließend noch eine Bitte an unseren Oberbürgermeister: Der Haushalt schon für diese Jahre 2007 und 2008 zeigt; Sie haben sich ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm vorgenommen und wollen viele Dinge auf den Weg bringen, das begrüßen wir sehr. Bedenken Sie aber bitte, dass der Gemeinderat aus ehrenamtlich politisch tätigen Mitgliedern besteht, und bedenken Sie bitte auch, dass die Strukturen demokratischer Prozesse in gemeinderätlichen Gremien anders sind als die Strukturen in Wirtschaftsunternehmen.

Aus dem Gesagten ergibt sich: Wir stimmen den Haushalt zu und danken allen Beteiligten für die konstruktiven Gespräche.