Rede vom 7.6. zur Nominierung als Kandidatin für die Landtagswahl 2011

Sehr geehrte Herren und Damen,

mein Name ist Annette Trabold, ich bin 49 Jahre alt und in Heidelberg geboren. Die Stadt liegt mir also von klein auf am Herzen, ich kenne die Heidelberger Mentalität bestens, auch den schwierigen Spagat zwischen berühmter Stadt der Romantik, Universitätsstadt und Heidelberger Dickschädel á la "Es soll alles so bleiwe wie's is'".

Ich bin von Beruf Sprachwissenschaftlerin, Pressesprecherin und Leiterin der Abteilung "Öffentlichkeitsarbeit und Dokumentation" am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim – einer wissenschaftlichen Einrichtung, die zur Leibniz-Gemeinschaft gehört. In der Leibniz-Gemeinschaft, einer der vier größten Wissenschaftsorganisationen, bin ich auch im Beirat PR und mit wissenschaftspolitischen Fragen befasst. Das für mich wichtige Thema Wissenschaftspolitik ist also durch meine berufliche Tätigkeit fachlich fundiert. Eng verzahnt mit Bildungs- und Kulturpolitik ist dies mein Thema Nummer eins. Zudem beschäftige ich mich im Auswahlausschuss der Friedrich-Naumann-Stiftung mit der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Wir werden uns ja in unserer nächsten Mitgliederversammlung mit einem Antrag zur Bildung von den Jungen Liberalen befassen.

In Mannheim zu arbeiten hat meinen Augen Vorteile und Nachteile. Zeitlich bin ich nicht immer in Heidelberg verfügbar und kann nicht schnell ´mal in der Mittagspause eine kommunalpolitische Veranstaltung in Heidelberg besuchen. Mein berufliches Umfeld liegt eher in Mannheim beziehungsweise umfasst durch meine Arbeit in einer wissenschaftlichen Organisation sogar ganz Deutschland. Gerade morgen haben wir wieder eine wichtige Tagung im IDS.

Meine Stelle in Mannheim hat jedoch auch Vorteile für meine politische Arbeit in Heidelberg: Ich bin beruflich unabhängig vom Stadtgeschehen und habe eine andere baden-württembergische Großstadt als Vergleichsmaßstab. Beide Städte zu kennen erleichtert mir auch den politischen Vergleich. Trotz aller Leidenschaft für Heidelberg bin ich also, auch als Mitglied im Regionalverband der Metropolregion, eine "Metropolitanerin", die die Themen Stadt als "soziales Gefüge" allgemein und besonders auch die spezifischen Probleme von Universitätsstädten stark im Landtag einbringen und die Kurpfalz in Stuttgart besser vertreten will.

Apropos Städte: Der Politologe Franz Walter hat in seinem Buch "Gelb oder Grün: Kleine Parteiengeschichte der besserverdienenden Mitte in Deutschland" einen für mich sehr interessanten Punkt herausgearbeitet: Laut Walter hat die FDP ein Problem in den Urbanen Zentren der Republik und dort besonders ein Problem mit jungen Frauen. "Dieses Milieu – vielfach weiblich, hochqualifiziert und unter beruflichem wie finanziellen Druck, zuweilen im Konflikt mit Vermietern stehend –" hat, so Walter, "nicht den Eindruck, dass die FDP die Anwältin ihrer Interessen ist." Gerade Frauen zwischen dreißig und fünfzig hätten "ein massives Interesse an einer Politik der Balancen", welche sie bei der FDP und ihrem Primat der Ökonomie vermissen würden. Die FDP ist zwar eine Partei mit Mitgliederzuwachs – sie hat zwanzigtausend Mitglieder mehr als die grüne Partei – aber der Frauenanteil liegt mit 22,8 Prozent niedriger als bei allen anderen Parteien.

Dies ist eine interessante Analyse. Gerade den heute Abend anwesenden FDP-Frauen kann ich deshalb nur zurufen: "Dranbleiben Mädels! Nicht verzagen!"

Ich bin, wie man sieht, schon beruflich eng mit den Themenkomplexen Urbanität und Wissenschaft sowie Bildung verbunden. Darüber hinaus weiß ich als Mensch mit starken musischen – insbesondere musikalischen – Neigungen und langjährigem Klavier- und Gesangsunterricht, wovon ich spreche, wenn ich von Kultur rede. Ich habe mich lange Jahre in Heidelberg für vielerlei kulturelle Projekte eingesetzt – auch, wenn dies in Heidelberg noch nicht zum guten Ton (!) gehörte – wie jetzt beispielsweise in Sachen Theater und Orchester. Deswegen habe ich auch vor sechs Jahren damit begonnen, den FDP-Landesfachausschuss Kultur zu gründen beziehungsweise wiederzubeleben und fungiere im Moment als dessen stellvertretende Vorsitzende.

Und Sie, meine Damen und Herren, kennen mich natürlich hier in Heidelberg in erster Linie durch meine politische Arbeit: Ich sitze seit nunmehr 21 Jahren im Gemeinderat und bin, seit dem die FDP im Jahre 2004 Fraktionsstärke im Gemeinderat erreichte, auch Fraktionsvorsitzende. Sie wissen aus vielen Abstimmungen, welche Positionen ich vertrete und können diese jederzeit auch auf meiner Webseite nachlesen. Sie wissen auch, dass ich mich nicht von Stimmungen leiten lasse und stets versuche, möglichst sachbezogen zu argumentieren.

Dazu gehört auch – und hier haben wir einen weiteren massiv wichtigen Punkt – ein verantwortungsvoller Umgang mit den städtischen Finanzen, also den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger.

Meine langjährige Erfahrung als Einzelstadträtin bzw. eine von nur zwei FDP-Stadträtinnen in meiner bald 28-jährigen Parteigeschichte zeigt mir auch, dass man gerade als kleine Partei bereit sein muss, mit allen anderen demokratisch gewählten Parteien und Personen zu reden. Nicht notwendiger Weise zu koalieren, aber zu reden! Das Verhalten der NRW-FDP, SPD und Grünen vorschreiben zu wollen, mit wem sie reden dürfen und mit wem nicht, finde ich daher unmöglich.

Es gab auch Zeiten in der Heidelberger FDP-Geschichte, da wäre die FDP fast nicht mehr sichtbar gewesen, wenn ich nicht im Gemeinderat zuerst zusammen mit Helga Bräutigam, dann lange Zeit alleine und schließlich mit Margret Hommelhoff am liberalen Kurs festgehalten hätte. Ich fechte die Dinge, von denen ich überzeugt bin, durch – wie Sie wissen trainiere ich seit 40 Jahren im Fechtsport. Liberale Modetrends und schrille Töne der Aufgeblasenheit verabscheue ich. Sie sind zudem in meinen Augen wenig hilfreich, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Um einige meiner weiteren Positionen darzulegen, will ich einmal aus meiner Vorstellungsrede aus dem Jahre 2005 zitieren:

"Die FDP ist in meinen Augen kein Anhängsel von irgendwem, sondern vertritt den Liberalismus als eigenständiges politisches Konzept.

Die FDP spricht nicht elitäre Interessengruppen, sondern alle freiheitsliebenden und verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürger an. Freiheit und Verantwortung gehören für mich immer unbedingt zusammen! Wir passen unser Programm nicht den Stimmungen an, sondern wollen mit unserem Programm Stimmungen und Mentalitäten zum Guten verändern.

Thomas Dehler schrieb 1956:

"Wir sind die Partei der Menschen aller Klassen, die Partei, die Lösungen auf allen Gebieten sucht, eine Partei, die nicht einer Schicht, einer Klasse, sondern dem ganzen Volk zu dienen gewillt ist."

Die FDP – so wie ich sie verstehe – tritt also für den Bürger ein, der frei entscheiden will und nicht entmündigt, fremdbestimmt wird von Leuten, die meinen, sie wüssten es besser, was gut oder schlecht für ihn ist.

Das ist aber etwas völlig anderes als ein Leitbild eines Egoisten mit Ellenbogen, weil die Verantwortung eben dazu gehört. Auch die Vernunft, die mit dem Slogan: "Vorfahrt für Vernunft" bei der Kommunalwahl zu unserem Leitmotiv wurde. Ich trete dafür ein, dass die Menschen sich im Kant'schen Sinne ihres Verstandes bedienen, um sich aus ihrer Unmündigkeit zu befreien –" soweit meine Rede von 2005.

Dieses freiheitliche Menschenbild – das gegen ein autoritäres und kollektivistisches steht – bedeutet, dass verantwortungsvolle Gesellschaftspolitik den Menschen in den Mittelpunkt stellen muss, dem Hartz-IV-Empfänger genauso dienen muss wie der Unternehmerin, die Migrantin genauso achten muss wie den Wissenschaftler oder Unternehmer.

Hier kommen auch wieder die oben genannten Themen ins Spiel: Bildung, Wissenschaft und Kultur sind zwingend nötig, um Menschen jeder Schicht zu helfen, ihren Geist zu formen und ihren Intellekt auszubilden, mit dem sie ihre Freiheit bewusst nutzen und leben können.

Gleichzeitig stehe ich für eine Finanz- und Wirtschaftspolitik mit Augenmaß in Form einer wirtschaftspolitisch verantwortlichen sozialen Marktwirtschaft. Liberale Grundsätze, wie zum Beispiel die Gewährung von Zuschüssen anhand des Subsidiaritätsprinzips in vielen gesellschaftlich notwendigen Bereichen oder die Unterstützung des Mittelstandes als wichtigste Grundlage der Wirtschaft in Baden-Württemberg, sehe ich als essentiell an für eine erfolgreiches und gemeinverträgliches kommunales und staatliches Wirtschaften.

Gleichzeitig kann ich jedoch nur davor warnen, sich zu sehr auf wirtschafts- und steuerpolitische Themen zu konzentrieren. Eine funktionierende Wirtschaft ist natürlich sehr wichtig, das ist für uns Liberale eine Selbstverständlichkeit – wir brauchen aber als Partei ein breiteres Themenfeld. Eine Verengung auf die Steuerpolitik wäre ein Fehler – gerade zum jetzigen Zeitpunkt. Zudem verwahre ich mich ganz entschieden gegen jedwede Form von Klientelismus.

Meine Damen und Herren, mit diesen Prinzipien, die ich meiner politischen Arbeit zu Grunde lege, konnte ich bei der letzten Landtagswahl im Jahre 2006 mit 11,7 Prozent das beste FDP-Ergebnis im ganzen Bezirk Kurpfalz erringen. Gleichzeitig war dies das beste FDP-Ergebnis in Heidelberg seit 40 Jahren und 1,1 Prozent höher als der Landesdurchschnitt. Da damals jedoch die absolute Stimmenanzahl und nicht die relativen Stimmanteile in Prozent zählten, verpassten wir es nur knapp, ein Landtagsmandat für die Heidelberger FDP zu erringen. Bei der kommenden Wahl sind jedoch die Prozentanteile in den Wahlkreisen maßgeblich, was die Chancen auf einen Landtagssitz sehr realistisch erscheinen lässt.

Im Gegensatz zu 2006 jedoch weht den Liberalen im Moment der Wind kräftig ins Gesicht, da im Bund ein ziemlicher Fehlstart hingelegt wurde. Der Wahlkampf wird wegen der finanziellen Lage in Deutschland und Europa sowie des momentan verkorksten Erscheinungsbildes der schwarz-gelben Koalition im Bund sicherlich kein Zuckerschlecken, das weiß ich.

Aber: In Baden-Württemberg wird es auch dieses Mal bei Schwarz-Gelb bleiben. Und seit dem Abgang von Günther Oettinger ist unter seinem Nachfolger Mappus eine Schwarz-Grüne Koalition wesentlich unwahrscheinlicher. Der liberale Anteil muss in der Koalition im Landtag durch eine politisch erfahrene, kommunal verankerte – ich werde im Falle eines Mandatsgewinns auch der Heidelberger Kommunalpolitik erhalten bleiben – Person gestärkt werden, die sich besonders mit den oben genannten Themen befassen wird.

Dafür stehe ich ein.

Als meinen Zweitkandidaten darf ich Ihnen Tobias Weisbrod vorschlagen, mit dem ich bereits bei den letzten Wahlen hervorragend zusammengearbeitet habe. Genauso wie bei der Kommunalwahl, wo jeder von Ihnen zu unserem guten Ergebnis beigetragen hat, müssen wir auch für die Landtagswahl kämpfen und all unser politisches Gewicht in die Waagschale werfen. Ganz besonders muss ich an dieser Stelle auch den JuLis danken, deren Aktionsbereitschaft maßgeblich zum Erfolg bei den Kommunalwahlen beigetragen hat. Das war einfach super. Daher freut es mich auch ganz besonders, dass der Kreisvorsitzende der JuLis Heidelberg, Sebastian Romainczyk, mir als "Wahlkampfmanager" zur Seite stehen wird.

Wenn Sie mich heute Abend wählen, dann werde ich mit Ihnen allen für mehr liberale Impulse aus Heidelberg in der Landespolitik kämpfen. Vielen Dank!